Über die Spielarten der "Zensur" und wie ich sie erleben durfte... Teil I
Wikipedia klärt mich in wenigen prägnanten Sätzen auf: in unserem Land gibt es Presse-Zensur, und zwar als „Vorzensur“ (z.B. als redaktionelle Auswahl, Kürzung und Bearbeitung von Texten vor der Veröffentlichung) und als „Nachzensur“, nämlich in Form gerichtlicher Aufarbeitung bzw. Bestrafung.
Ich habe im Möllner Leserbriefdrama beides kennengelernt, und zwar jeweils in der für mich unangenehmsten Form.
Erstens: die schicksalhafte „Vorzensur“ durch den diensthabenden Redakteur, der die glorreiche Entscheidung traf, meinen Text nicht als Whistleblowing und Anregung für eigene Recherchen zu interpretieren, sondern ihn in gekürzter und redaktionell übertitelter Form als „Leserbrief“ unter meinem Namen zu veröffentlichen.
Die Überschrift „Ein Rechtsanwalt der Salz streut, ist kein Vorbild“ war sozusagen die kreative Eigenleistung des Redakteurs, ansonsten nahm er den Text meiner E-Mail, und die zugehörigen Fotos wurden weggelassen.
Dieses „vorzensierte“ und redaktionell aufgearbeitete Machwerk wurde dann an dem für mich schicksalhaften Donnerstag im März 2013 veröffentlicht.
Am Tag nach der ungewollten „Leserbrief“-Veröffentlichung rief ich schon einigermaßen beunruhigt die Redaktion an und sprach mit eben jenem Redakteur, der die Veröffentlichung „verbrochen“ hatte. Ich versuchte ihm klarzumachen, dass nun vielleicht doch ein redaktioneller Beitrag sinnvoll wäre, damit ich nicht so ganz allein für das Thema meinen Kopf hinhalten muss.
„Wir werden jetzt nichts mehr zu der Sache schreiben“ erklärte er lapidar, was mich einigermaßen verwunderte – die Redaktion hatte ja noch gar nichts zum Thema geschrieben! – und zudem gelogen war, denn wieder einen Tag später erschien die unsägliche „Gegendarstellung“ der Rechtsanwälte, die sich durch den Leserbrief betroffen fühlten.
„Falsche Verdächtigungen!“ prangte als Überschrift über dem im Vergleich zu meinem Leserbrief doppelt so langen Machwerk, und in dem Text wurde ich von den Herren aufs Allerfeinste abgekanzelt und verhöhnt.
Der Redakteur war von da an für mich nicht mehr erreichbar und verabschiedete sich kurz darauf in seinen wohlverdienten Ruhestand…
(Zeichnung: Brigitte Dubbick)
Soviel zum Thema "Vorzensur". Die "Nachzensur" verdient natürlich eine eigene Abhandlung. Deshalb: Fortsetzung folgt...