Möllner Leserbriefklage unzulässig - schallende Ohrfeige für hochbezahlte Presseanwälte -
Nie werde ich den Moment vergessen, als der hochangesehene, mit internationalen Diplomen ausgestattete Presseanwalt der Lübecker Nachrichten am 7.5.2013 in Ratzeburg den Gerichtssaal betrat. Alle saßen schon auf ihren Plätzen: der junge Richter, ich neben meinem Anwalt, uns gegenüber einer der beiden Kläger, die sich bekanntlich selber vertraten.
Der Presseanwalt, Herr von Richtig* hatte die Gesellschaft ein wenig warten lassen, so wie ein Künstler, der mit etwas Verspätung die Bühne betritt, nachdem das Publikum sich gesammelt und alle seine Sinne gespannt auf den großen Moment konzentriert hat.
Die Tür ging auf - und Herr von Richtig, eine großgewachsene Gestalt, betrat dynamisch-selbstbewusst den Sitzungssaal. Es wurde noch stiller, als es vorher schon war. Der junge Richter bekam vor Ehrfurcht feuchte Augen und stammelte dann untergeben: "Ah - der Herr von Richtig, angereist äh... von (es folgte der Name einer europäischen Metropole) für die Lübecker Nachrichten."
Würdevoll nahm Herr von Richtig neben dem Kläger Platz und schaute mit strengem Blick in die Runde. Mächtige Menschen lächeln nicht! Herr von Richtig sagte während der ganzen Verhandlung kein Wort. Der junge Richter las zunächst in veralberndem Ton meine vertraulichen e-mails an die Lübecker Nachrichten vor, in denen bekanntlich die Reizworte "Streusalzterror", "moralisch verwerflich" und "schlechtes Beispiel" vorkamen. Ich war peinlich berührt. Herr von Richtig fixierte mich streng.
Nachdem der Richter meine Mails (die ich nie zur Veröffentlichung freigegeben hatte!) vorgelesen hatte, zischelte der Kläger: "Straftaten!" - und Herr von Richtig nickte ihm, wieder ohne eine Miene zu verziehen, knapp zu.
Der Rest ist bekannt. Nach Kräften unterstützte die Zeitung die Kläger. Zwei Jahre lang stand ich unter schlimmstem Beschuss. In den vorläufigen Gerichtsurteilen des Einstweiligen Verfahrens wurde ich (im Namen des Volkes!) als "uneinsichtig" beschimpft und mein Engagement für die Umwelt wie eine Art Verhaltensstörung hingestellt. So hieß es z.B. im Berufungsurteil, ich hätte "mit der Sache" (d.h. Baumschutz bzw. Streusalzkritik) noch nicht "abgeschlossen" (!) und deshalb gehe von mir eine Wiederholungsgefahr aus.
Durch die Steilvorlage dieser Urteile wurden die Kläger immer enthemmter und entwarfen ein übles Zerrbild meiner Persönlichkeit, das wechselweise zwischen hoffnungsloser Dummheit und Gefährlichkeit angesiedelt wurde. Niemand achtete auf meine Menschenwürde, am wenigsten die Zeitung und ihre Anwälte!
Im Gegenteil: in dem verbotenen Telefonat, über das ich hier berichtete, beschimpfte mich der Presseanwalt als "Michael Kohlhaas" (eine literarische Figur, die auf der Suche nach Gerechtigkeit zum Massenmörder wurde - kein schmeichelhafter Vergleich...) und legte mir nahe, zu versuchen "über die ganze Sache hinwegzukommen".
Zur Krönung des Ganzen erhielt ich noch vor wenigen Tagen den Zwangsvollstreckungsbescheid über das Honorar der Presseanwälte, die mit den Klägern ja automatisch das Einstweilige Verfahren mitgewonnen hatten, weil sie als Streithelfer auf deren Seite dem Prozess beigetreten waren.
Aber man vergaß nicht zu betonen, dass es ihnen ja überhaupt nicht ums Geld gehe...
Heute kann ich rückblickend nur den Kopf schütteln über soviel menschliche Erbärmlichkeit.
Der Ausgang dieses Rechtsstreites zeigt: die Klage war von Anfang an ohne rechtliche Basis. Entweder haben die Presseanwälte das nicht gesehen, dann müsste man sie als unfähig bezeichnen. Oder sie wussten es und handelten wider besseres Wissen, was fast noch schlimmer ist. Es ist auf jeden Fall nicht nur für die Kläger (immerhin auch Rechtsanwälte) eine schallende Ohrfeige, sondern vor allem für die hochdekorierten und angesehenen Presseanwälte des Madsack-Konzerns.
Sie sollten sich einmal ganz still in ihr Kämmerlein (bzw. ihre gut ausgestattete Kanzlei) zurückziehen und über ihr Handeln nachdenken...
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*alle Namen geändert