Presserecht für Anfänger oder: die unrühmliche Rolle der Madsack-Anwälte im Möllner Leserbriefprozess

17.05.2015 10:40

Ich berichtete schon mehrfach über das denkwürdige Verhalten der Anwälte des Madsack-Medienkonzerns im Möllner Leserbriefprozess, z.B. in diesem Artikel über das verbotene Telefonat, das einer von ihnen am 6. März 2014 mit mir führte.

Der Madsack-Konzern war ja nicht gleich zu Beginn in den Prozess involviert, sondern kam erst durch eine sog. "Streitverkündung" meiner Anwälte ins Spiel. Das bedeutet (vereinfacht) nichts anderes, als dass eine der streitenden Parteien einen Dritten - bisher Unbeteiligten - offiziell über den laufenden Rechtsstreit informiert. 

Der bisher Unbeteiligte kann dann entscheiden, ob er dem Rechtsstreit als Streithelfer beitritt und wenn ja, auf welcher Seite. - Im vorliegenden Fall ging es ja um eine redaktionell veränderte / verkürzte Veröffentlichung einer Leser-Zuschrift, die noch dazu mit einer eigenen redaktionellen Überschrift ("ein Anwalt, der Salz streut, ist kein Vorbild") versehen worden war.  Also ganz klar ein Fall, bei dem die Redaktion sich - presserechtlich ausgedrückt - das zugesandte Material "zu eigen" gemacht hat.

Jeder juristische Laie mit gesundem Rechtsempfinden hätte hier erwartet, dass die Zeitung, wenn sie sich überhaupt zu einem Prozess-Beitritt entscheiden würde, dies auf der Seite ihrer Leserin tut. Die redaktionellen Veränderungen (Weglassen meiner Fotos und meiner Überschrift, Hinzufügung einer eigenen Überschrift) waren es ja schließlich erst, die die Verwechslung möglich machten und mir den Rechtsstreit bescherten, was inzwischen ja sogar der Richter in der 1. Instanz des Hauptsacheverfahrens feststellte...

Vereinfacht zusammengefasst wäre der normale Ablauf so gewesen: eine Zeitung hat mit der Veröffentlichung einer redaktionell bearbeiteten Leserzuschrift offenbar "Mist gebaut", die Leserin wird verklagt. Daraufhin wird die Zeitung per Streitverkündung über den Unterlassungsprozess gegen die Leserin informiert und tritt selbstverständlich - da das redaktionelle Fehlverhalten offenkundig ist - auf der Seite der Leserin dem Streit bei, um die Klägeransprüche abwehren zu helfen.

Aber weit gefehlt! Die Madsack-Anwälte nahmen die Streitverkündung nicht als Einladung, an der Seite ihrer Leserin zu kämpfen, sondern als "Steilvorlage", um die Kläger zu unterstützen.

Wenige Tage nach der Streitverkündung Ende April 2013, am 4. Mai 2013 erhielten meine Anwälte ein Schreiben der Madsack-Anwälte, das neben der "Bitte", die Streitverkündung zurückzunehmen, eine unverhohlene Drohung enthielt: man würde sich andernfalls nicht nur gezwungen sehen, auf der Seite der Kläger dem Streit beizutreten, sondern auch eine Mail von mir vom 22.3.2013 (dem Folgetag des unautorisierten Leserbriefes) in den Streit einbringen, in der ich angeblich den Leserbrief nachträglich autorisiert hatte.

Es handelte sich um eine Mail, mit der ich - in großer Aufregung nach dem Erscheinen des nicht gewollten "Leserbriefs" - der Redaktion nochmals neue Streusalz-Fotos übersandte, um sie möglicherweise doch noch zu einer eigenen Tätigkeit zu bewegen. In dieser Mail benutzte ich die Formulierung "mein gestriger Leserbrief" - was keinesfalls als Zustimmung oder nachträgliche Autorisierung gemeint war!

Die Formulierung "mein gestriger Leserbrief" bedeutete nichts anderes, als dass ich mit den nun einmal eingetretenen Tatsachen irgendwie umzugehen versuchte - es war nicht zuletzt ein indirekter Appell, mir in dieser risikoreichen Situation zur Seite zu stehen!

Diese Formulierung sollte mir nun jedoch zum Verhängnis werden. Die Madsack-Anwälte versuchten mich damit zu erpressen und ihre Mandantin, den Madsack-Medienkonzern, von jeder Verantwortung reinzuwaschen.

In der Verhandlung am 7.5.2013 trat der eigens aus Berlin angereiste Madsack-Anwalt Seite an Seite mit den Klägern und dem willfährigen Richter auf. Die ganze Verhandlung war eine Farce. Der Richter begegnete mir mit tiefer Verachtung, las meine Mails in verhöhnendem Ton vor und versuchte mich in Verhör-Manier über meine Handlungsgründe auszufragen wie ein Kommissar in  einem schlechten Krimi. Der Madsack-Anwalt schaute mich die ganze Zeit wortlos mit gerunzelter Stirn an. Der anwesende Kläger zischelte nur: "Straftaten", und mein Anwalt, der in seinem langjährigen Berufsleben eine solch surreale Situation wohl kaum jemals erlebt hatte, war einfach nur sprachlos.

Nun sind mehr als zwei Jahre vergangen, und im Hauptsacheverfahren habe ich mit einem neuen Richter in der ersten Instanz gewonnen. Erstmals führte ein Richter den Vorsitz, der offenbar dieses Kasperltheater nicht mitmachen wollte und sich nicht - wie seine Vorgänger - allein den Klägerinteressen unterordnete. Er hatte sich eingehend in die Materie eingearbeitet und war über den Fall bestens informiert.

Insbesondere stellte er in seinem Urteil fest, dass die Zeitung einen nicht unerheblichen Anteil an der Entstehung des Konflikts hat (s. Ausschnitt des Urteils oben).

Wir wissen: der Prozess geht weiter. Die Kläger haben Berufung eingelegt (ich berichtete). In diesen Tagen wird das Berufungsschreiben eintreffen - wie immer warten die Kläger bis zur letzten Minute.

Der Madsack-Medienkonzern ist in diesem aktuellen Prozesszug bisher nicht aktiv beteiligt - keine Partei hat eine Streitverkündung ausgesprochen.

Doch warum hat die Zeitung bzw. der Medienkonzern bisher nichts unternommen, um den Konflikt zu bereinigen?

Ich habe eine Vermutung zu diesen Vorgängen, aber für die Ausführungen werde ich mir noch ein wenig Zeit nehmen. Nur soviel: es hat mit dieser Möllner Abrissvilla zu tun bzw. dem Millionenprojekt, das auf diesem Grundstück entstanden ist...

Dazu lesen Sie bitte meinen Brandbrief vom 9.5.2015. Vielen Dank!

 

 

 

 

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