Offener Brief an den Geschäftsführer der Lübecker Nachrichten, Herrn Thomas Ehlers
Heute ist der offizielle Neujahrsempfang im historischen Rathaus der Stadt Mölln.
Ich werde hoffentlich Gelegenheit haben, dem anwesenden Vertreter der Lübecker Nachrichten stellvertretend meine Zeilen an Herrn Thomas Ehlers zu überreichen:
Offener Brief
An Herrn Thomas Ehlers
Geschäftsführer der Lübecker Nachrichten
Sehr geehrter Herr Ehlers,
in diesen Tagen flatterte mir Post ins Haus: eine Forderung Ihrer Anwälte über € 1409,38 aus einem Gerichtsbeschluss, der durch deren Mitwirkung zustande kam. Eine unsägliche Klage auf „Unterlassung“ von Äußerungen, die durch nicht autorisierten Abdruck in Ihrer Zeitung, redaktionell zugespitzt und missverständlich übertitelt, an die Öffentlichkeit gelangten.
Seit nun bald zwei Jahren werde ich wegen dieser unautorisierten „Leserbrief“-Veröffentlichung in Ihrer Zeitung von Möllner Rechtsanwälten durch die Gerichte gejagt.
Anstatt Ihrer Leserin zu helfen und an ihrer Seite im Gerichtsverfahren zu kämpfen, schlugen Sie sich auf die Seite der klagenden Anwälte.
Dabei gelangen Ihren gewieften Anwälten erstaunliche Kunstgriffe und Kehrtwendungen: einerseits wiesen sie darauf hin, dass der BGH bereits festgestellt habe (NJW 1986, 2503-2505), dass „im Falle eines Leserbriefs die Wiederholungsgefahr ausgeschlossen ist, da Leserbriefe bekanntlich nur einmal, nämlich im Zusammenhang mit der Einsendung an die Zeitung, veröffentlicht werden“. - Anstatt aber auf der Basis dieser höchstrichterlichen Entscheidungen die Klägeransprüche abwehren zu helfen, halfen sie den Klägern, das Einstweilige Verfahren auf Unterlassung gegen mich zu gewinnen.
Und nun soll die Verratene den Judaslohn selbst bezahlen!
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Sehr geehrter Herr Ehlers, warum habe ich mich überhaupt an Ihre Zeitung gewandt?
Es gibt Menschen, die sich mit Missständen in der Gesellschaft nicht abfinden können oder wollen. Sei es, weil sie zu stark mitleiden mit Benachteiligten oder Gequälten, weil sie die Folgen der Umweltzerstörung für kommende Generationen fürchten, oder weil sie die Ungleichbehandlung von Privilegierten und Nichtprivilegierten (im Berufsleben oder auch sonst) nicht ertragen können. Diese Menschen nennt man heutzutage „Whistleblower“.
>>Whistleblower sind Menschen, die illegales Handeln, Missstände oder Gefahren für Mensch und Umwelt nicht länger schweigend hinnehmen, sondern aufdecken. Sie tun dies intern innerhalb ihres Betriebes, ihrer Dienststelle oder Organisation oder auch extern gegenüber den zuständigen Behörden, Dritten, oder auch der Presse.<<
So definiert es der Verein „Whistleblower-Netzwerk e.V.“
Auch ich bin ein Whistleblower: ich kann Missstände im Umgang mit der städtischen Umwelt nicht hinnehmen. Ich kritisiere seit vielen Jahren den rücksichtslosen Gebrauch von Streusalz im Winterdienst. Und das aus durchaus gutem Grund. Ein hochrangiger Mitarbeiter des Forst- und Grünflächenamtes der Stadt Mölln bestätigte mir beispielsweise im Januar 2013 in einem Telefonat die katastrophale Situation für die Bäume. Satzungswidriges Salzstreuen sei an der Tagesordnung. Man könne von der Stadt her nur noch Schadensbegrenzung betreiben. Die Bäume müssten im Sommer „Infusionen“ bekommen, da das Erdreich um die Wurzeln völlig versalzen sei.
So alarmiert, brachte ich Leserbriefe auf den Weg. Ich sprach auch persönlich in der Stadt Menschen an, die vor meinen Augen große Mengen Salz auf die Bürgersteige aufbrachten. Ich bekam viel Unverständnis und Aggression zu spüren, ein Hausmeister schrie mich sogar an („aus dem Weg!“) und kippte mir mit Schwung eine Kelle Salz auf die Füße.
Ich ließ mich aber von meinen Bemühungen nicht abbringen, mehr Verständnis für die Umwelt und insbesondere für die Bäume zu wecken.
Als ich aber merkte, dass Leserbriefe allein nichts bringen, versuchte ich die bis dato völlig untätige Redaktion der Lübecker Nachrichten durch eine Mail mit der Überschrift „Streusalz – der Albtraum für die Natur nimmt kein Ende“ zu einer eigenen Tätigkeit zu bewegen.
Da u.a. auch das Winterdienstverhalten vor Rechtsanwaltskanzleien, vor denen den ganzen Winter hindurch permanent und damit offenbar satzungswidrig der Bürgersteig gesalzen wurde, Gegenstand der Mail war, bot der Text natürlich Zündstoff. Die Redaktion nahm fälschlicherweise an, sie sei als Leserbrief gedacht, und veröffentlichte Teile daraus, mit einer eigenen Überschrift versehen als Leserbrief unter meinem Namen.
Bis heute weigern Sie, Herr Ehlers bzw. Ihre Zeitung sich, Verantwortung für diese leichtsinnige Veröffentlichung zu übernehmen. Sogar der Deutsche Presserat wurde in der Anhörung für das Beschwerdeverfahren belogen und betrogen, in dem man ihm vorgegaukelt hat, ich hätte im Nachhinein die Veröffentlichung autorisiert bzw. die Zeitung hätte mir gar „mit Rat und Tat“ beigestanden.
Nichts von alledem ist wahr. Die Zeitung stand von der ersten Sekunde an den Klägern bei, mit allen zur Verfügung stehenden Kräften.
Ich wurde und werde angefeindet und seit zwei Jahren in eine Täterrolle gedrängt, ich werde in Klägerschreiben an die Gerichte ob meines Umweltengagements geradezu dämonisiert, ein übles Zerrbild meiner Persönlichkeit wird beschworen, indem meine angebliche „Gefährlichkeit“ aus jeder meiner Äußerungen zu Umweltthemen herausgelesen wird.
Bei alledem schauen Sie, Herr Ehlers nicht nur tatenlos zu. Sie helfen auch noch, wo immer Sie können, mich zu bekämpfen – sei es beim Presserat, sei es vor Gericht, sei es durch publizistische Kaltstellung und konsequente Nichtbeachtung meiner Umweltaktivitäten.
Als ich am 19. Mai 2014 - übrigens bereits zum zweiten Mal - vor dem Forst- und Grünflächenausschuss der Stadt Mölln einen Vortrag über Streusalzschäden an Bäumen hielt, verließ Ihr Redakteur schon vor meinen ersten Worten fluchtartig den Saal.
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Diese konzertierte juristische und publizistische Vernichtungskampagne stinkt zum Himmel!
Was haben die Gerichte bisher getan? Der Richter (inzwischen nicht mehr am Amtsgericht Ratzeburg tätig, er ist zu höheren Aufgaben berufen worden) hat die gewünschte einstweilige Verfügung ausgestellt, das Gerichtsverfahren nahm seinen Lauf. Schon nach dem Widerspruchsschreiben meiner Anwälte war klar: die Kläger waren nicht gemeint, es war eine Verwechslung. Doch anstatt die Klage zurückzunehmen, droschen die Kläger weiter auf mich ein, mit mächtiger Unterstützung durch Ihre Zeitungsanwälte und willfährige Richter. Die Gerichte mussten einen rechtlich mehr als fragwürdigen Kunstgriff anwenden: den Austausch des Klagegegenstands von „Unterlassung von Behauptungen“ gegen „Unterlassung von Eindruckserweckungen“. Mir wurde ein absoluter Maulkorb auferlegt. Inzwischen wird in dem Gerichtsverfahren mein gesamtes Umweltschutzengagement pauschal und rechtsmissbräuchlich verwendet, um künstlich eine sogenannte „Wiederholungsgefahr“ zu konstruieren.
Warum unterstützen Sie nicht meine Bemühungen für eine bessere Umwelt?
Am 7. November 2013 hielt ich erstmals einen Vortrag vor dem Forst- und Grünflächenausschuss der Stadt Mölln in Wort und Bild über die Schäden, die der satzungswidrige Streusalzeinsatz an städtischen Bäumen anrichtet. Allein in einer Kleinstadt wie Mölln ist der Schaden durch die Halbierung der Lebensdauer von Straßenbäumen schon immens, im ganzen Bundesgebiet bewegt er sich im Milliardenbereich. Die darüber hinausgehenden immateriellen, ökologischen und auch kulturellen Schäden (alte Bäume verschwinden mehr und mehr aus den Städten) sind gar nicht in Zahlen auszudrücken. Der Vortrag hinterließ großen Eindruck bei den anwesenden Zuhörern. Vielen war das Ausmaß der streusalzverursachten Schäden noch gar nicht bewusst. Auch am 19.5.2014 hielt ich erneut einen Vortrag vor dem Forst- und Grünflächenausschuss (s.o.). Am 7.9.2014 nahm ich auf Einladung des Bürgermeisters Jan Wiegels an der Gärtnereibereisung der Stadt Mölln teil. Streusalzschäden an Bäumen wurden dort von Fachleuten eindrücklich beschrieben. Die Streusalzproblematik ist aktueller denn je.
Warum werde ich in diesem Gerichtsdrama zerrieben?
Der Möllner Leserbriefprozess ist ein Gerichtsdrama und für mich eine persönliche Tragödie. Die Kläger - Rechtsanwälte, die in eigener Sache tätig sind – verteidigen ihre vermeintlich angegriffene „Berufs-Ehre“ mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln, unterstützt vom mächtigen Madsack-Medienkonzern und Ihren gewieften Presseanwälten.
Herr Ehlers, gebieten Sie diesem Tun endlich Einhalt!
Mölln, im Januar 2015
Beate Schicker