Mythen des Alltags - stärker als jede Vernunft...

11.02.2018 20:10

Sicher kennt jeder von Ihnen den "Spinat-Mythos": durch einen Rechenfehler wurde der angebliche Eisengehalt von Spinat auf das Zehnfache gesteigert - in Wirklichkeit ist kaum Eisen darin enthalten. Doch dieser Mythos ist genauso hartnäckig wie der Glaube an die fiebersenkende Wirkung von Wadenwickeln: obwohl jeder weiß, dass man eine Heizung durch Kühlung des Thermostats nur zu noch mehr Leistung bringt, glauben sogar manche Ärzte noch an dieses kontraproduktive Hausmittel.

Ähnlich verhält es sich mit dem Winterdienst: die Menschen glauben, dass nur Streusalz im Winter Sicherheit bringt. Dabei ist längst erwiesen, dass gesalzene Straßen zu unangepasster Fahrweise verleiten und Glätteunfälle mit Personenschäden oder Todesopfern im Vergleich zu nicht gesalzenen Straßen sogar zunehmen (vgl. mein Blogartikel über die Streusalzlüge)! - Der sogenannte "schwarze Winterdienst" suggeriert Straßenverhältnisse wie im Sommer - dabei sind die Fahrbahnen im besten Falle vernässt...

oder - noch schlimmer - mit einem gefährlichen Gemisch aus Salz und getautem Schnee ("Salzglätte") bedeckt, das den Bremsweg massiv verlängert, ja sogar Bremsen blockieren kann...

(Foto: Wikimedia commons)

Auch im privaten Winterdienst hält sich der längst widerlegte Mythos, dass Salz das bessere Mittel sei. Dabei frieren Flächen, die allein mit Salz behandelt wurden, oft schnell wieder zu (Bild 1), während mit abstumpfenden Mitteln behandelte Flächen nachhaltig rutschfrei bleiben (Bild 2)...

Ein frappierendes Beispiel aus Ratzeburg: diese Rotklinker-Fläche wurde wegen morgendlichen Schneefalls mit Riesenmengen Salz abgestreut...

Bereits zwei Stunden nach diesen Aufnahmen begann ein gefährliches Wiedergefrieren der völlig vernässten Fläche...

Ein abstreuen mit einem abstumpfenden Mittel wie Sand, Splitt oder Granulat hätte diese Gefahrensituation zuverlässig und zudem umweltschonend verhindert!

Doch Winterdienst-Satzungen unterstützen oft den "Streusalz-Mythos", indem sie suggerieren, dass im Ernstfall Streusalz das bessere Mittel sei...

Dabei gibt es heutzutage abstumpfende Streumittel, deren Wirkung der von Streusalz deutlich überlegen ist. Mit diesem Mittel war sogar bei extremem Blitzeis die Fläche für mehr als 48 Stunden absolut stumpf...

Es gibt eigentlich nur eine Erklärung, warum heutzutage trotz aller Nachteile (schlechte Wirkung, Umweltschäden)  immer wieder auf Streusalz zurückgegriffen wird: es ist leider immer noch das billigste und bequemste Mittel, um den Winter optisch auszuschalten, und es verschwindet lautlos und scheinbar "rückstandsfrei" aus unserem Blickfeld...

Doch man kann nicht oft genug darauf hinweisen: Abermillionen Tonnen des gefährlichen Umweltgifts kumulieren Jahr für Jahr in unseren Böden und Gewässern, und die Nebenwirkungen zeigen sich an Bäumen, Pflanzen, Böden, Gewässern und Bauwerken...

(Foto: Twitter)

Wir sollten alle nicht müde werden, immer wieder darauf hinzuweisen: mit Streusalz erkaufen wir uns bestenfalls für eine kurze Zeitspanne gefühlte Sicherheit oder Mobilität - doch die Zeche bezahlt die Umwelt und damit letztlich wir selbst!

(nicht gekennzeichnete Fotos: Beate Schicker)

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