"Ein Superwinter"? - Wie die Zeitung ein wichtiges Umweltthema verschläft...

01.03.2015 16:19

„Kaum Eis und Schnee: ein Superwinter für die Haushalte“

titeln die Lübecker Nachrichten im Lokalteil Lauenburg gestern, am 28. Februar.

Die Ignoranz unserer Tageszeitung gegenüber Umweltbelangen ist uns ja sattsam bekannt. Doch beim Thema „Winterdienst“ hat sich die Redaktion anscheinend vorgenommen, ihr bisheriges trauriges Niveau nochmals zu unterbieten.

Zusammengefasst lässt sich der Inhalt des – immerhin mit der Abbildung zweier Räumfahrzeuge versehenen – Artikels so wiedergeben: hurra, wir hatten keinen Winter, „nur“ 800 Tonnen Streusalz wurden auf die außerörtlichen Straßen des Landkreises gegeben (wieviele Tonnen in den Städten, bleibt offen) - und dann bekommt der Leser noch lang und breit die außerordentlich spannenden Zahlen der Ausgaben für Winterdienst im Allgemeinen bzw. Streusalz im Besonderen präsentiert. GÄHN!

Der sparsame (!) Einsatz von Streusalz, heißt es dann noch, habe einen positiven Effekt auf die Umwelt, und - immerhin darf diesen Halbsatz ein NABU-Vertreter aussprechen – das sei besser für die Bäume.

Dass der Begriff "sparsam" sehr relativ ist, wissen wir ja bereits...

Der Artikel spiegelt wieder mal das eindimensionale Denken dieser rein kommerziell ausgerichteten Zeitung: was gut ist für die Kassen, ist gut.

Fachleute aus dem Forst- und Stadtgrünbereich kommen nicht zu Wort, diese würden sicher zum Thema „Superwinter“ noch andere Aspekte beitragen: man denke nur an Schädlingsvermehrung und die fehlende Ruhephase für die Natur bei anhaltenden Plusgraden.

Auch erfahren wir nichts darüber, wieviel Salz pro Straßenkilometer aufgebracht werden – bei einem Durchschnitt von rund 200 km außerörtlicher Straßen pro Straßenmeisterei kommen auch bei „nur 800 Tonnen“  immerhin 4 Tonnen pro Kilometer zusammen! 4000 kg reines Streusalz, das zu 100% im Erdreich verschwindet!

Wir erfahren nichts darüber, wie groß der biologische Wirkungsbereich von Streusalz (vom Einsatzort gerechnet) ist. Man hat z.B. schon vor Jahren Chlorid aus Streusalz in Wurzeln von Waldbäumen mehrere hundert Meter vom Straßenrand entfernt nachgewiesen.

Sogar in den USA macht man sich inzwischen ernsthaft Gedanken über die Auswirkungen von Streusalz. Unvorstellbare 40 Millionen Tonnen Natriumchlorid werden dort jährlich auf die Straßen gepumpt. Das „Department of Environmental Services“ des Staates New Hampshire veröffentlicht beispielsweise diese Seite: https://des.nh.gov/organization/divisions/water/wmb/was/salt-reduction-initiative/impacts.htm

Und ganz aktuell (19.3.) kommen Meldungen aus den USA, dass das Trinkwasser in Ballungsgebieten mit Streusalz verseucht ist und sogar bereits salzig schmeckt : contractormag.com/residential-plumbing/salty-sips-new-jersey-residents-have-road-salt-runoff-make-way-water-supply

Da kann man nur doch sagen: PROST - wieviel Salz im Wasser hätten's denn gern!

In den USA, wo man inzwischen 40 Millionen Tonnen (Info v. 17.3.2015) Streusalz jährlich verbraucht, werden die vom Streusalz ausgehenden Gefahren für Menschen, Tiere, Pflanzen, Gewässer und nicht zuletzt auch für die Infrastruktur (Straßen, Brücken) thematisiert. Wussten Sie, dass die Chloridbelastung durch Streusalz ganze Seen und Flüsse vergiften und auf Dauer zu biologisch toten Gewässern machen kann?

Diese Blattrandnekrosen, die man an Straßenbäumen bei hoher Belastung schon ab Ende Mai (!) feststellen kann, weisen auf Chloridvergiftung hin:

Sie sind nur ein Symptom – der Baum stirbt langsam und gaukelt uns noch für einige Jahre Gesundheit vor. Das Zurücksterben schreitet aber immer schneller voran:

„Wenig Salzverbrauch“ ist ein sehr relativer Begriff. Ich habe auch in diesem „Nicht-Winter“ feststellen müssen, dass reichlich Salz gestreut wird, ja ich hatte sogar den Eindruck, dass die Hemmschwelle immer niedriger wird.

Bereits im November wurde gestreut, und immer wieder auch vom städtischen Streudienst bis in die Pflanzteller der Bäume (hier ein Sand-Salzgemisch):

Es gibt also überhaupt keinen Grund zu übertriebener Freude oder gar zur Entwarnung! 

Streusalz ist ein gefährliches, schleichendes und kumulierendes Umweltgift, das auf die Liste gefährlicher Umweltschadstoffe gehört und gebannt werden muss! Wir zerstören sonst nach und nach unsere gesamte Natur!

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