Baumschutz-Verordnung: wer muss hier eigentlich vor wem geschützt werden...?
Wenn man das seit Jahresbeginn währende politische Hickhack um die neue Baumschutz-Verordnung verfolgt, fragt man sich so langsam: wer muss hier eigentlich vor wem geschützt werden: der Baum vor dem Menschen oder der Mensch vor dem Baum? Oder müssen wir Menschen gar vor uns selbst geschützt werden?
Die Angst vor einer amtlichen Festschreibung des Baumschutzes geht soweit, dass man jetzt das Wort „Baum“ gar nicht mehr im Titel haben möchte, um die Bürger nicht zu verschrecken…
(unter Verwendung einer Zeichnung von Brigitte Dubbick)
Es ist beschämend und unwürdig, wie hier mit dem unschätzbaren Gut der lebenden Natur – von der wir auch ein Teil sind! – umgegangen wird.
Dabei ist der Mensch mit oder ohne Baumschutzsatzung nicht zimperlich, wenn es darum geht, störendes Grün aus seinem Lebensumfeld zu entfernen.
Erinnern wir uns, wie Anfang des Jahres die Diskussion begann. Auslöser waren Baumfäll-Orgien in der Möllner Waldstadt…
Jeder weiß inzwischen: hier sollen Häuser gebaut werden. Über die Rechtmäßigkeit der Fällungen herrschte behördliche Verwirrung. Egal – wo die Ämter zu langsam sind, wird mit der Säge Klarheit geschaffen. Hinterher weiß sowieso keiner mehr, wer das getan hat…
Nicht betroffen vom amtlichen Baumschutz sind ohnehin ausgewiesene Bauflächen. Auf Arealen wie unserem Möllner Abrissgrundstück kann man ungestraft 100jährige gesunde Bäume fällen lassen und muss nicht einmal für Ersatz sorgen…
Die „gerettete“ Kastanie am Rand dieses Grundstücks spricht für sich. Nachdem man ihr die Wurzeln abgewürgt, ihr das Wasser abgegraben und sie zuvor schon jahrelang mit Streusalz gequält hat, stirbt sie einen stummen Tod – aber für den wohlklingenden Namen des Millionenprojekts („Kastanienhof“) darf sie noch herhalten...
Kein Wort wird in der Diskussion über die Baumschutz-VO über die horrenden Auswirkungen des flächendeckenden Streusalz-Missbrauchs verloren.
Anfang September veröffentlichte die LN einen Artikel über die schlimmen Streusalz-Schäden in Lübeck. Dort werden 65.000 Bäume vom Stadtgrün erfasst, die Hälfte aller Straßenbäume zeigt schwere Vergiftungserscheinungen durch Streusalz.
Man kann also vermuten, dass in Mölln eine vierstellige Zahl von Straßenbäumen vom Streusalz geschädigt oder irreversibel vergiftet ist, so wie unsere Linde am Amadeusparkplatz...
oder unsere Stadthaus-Bäume, oder die Bäume am ZOB...
oder die armen, schon im Oktober entlaubten Gerippe am Bauhof (hier in den letzten Tagen ausführlich beschrieben), oder die vielen, vielen Bäume mit der "Parkplatz-Krankheit"
das braune Gestrüpp in den Kronen sind nur noch vertrocknete Blütenstände - die Blätter sind praktisch ganz verschwunden, die Bäume sind vorzeitig winterkahl...
Aber nicht nur, dass Bäume in ihrer Lebensdauer generellverkürzt sind - Nachpflanzungen sterben oft sofort ab, bevor sie überhaupt an Masse zugenommen haben...
Die wenigen Blätter an dieser Eberesche sind braun und vertrocknet. Viele solcher Bäume dienen nur als "Alibi-Bäume", um Pflanzauflagen zu erfüllen, weil Fläche versiegelt und als Bauland verwendet wurde. Keiner kümmert sich um sie, und sie stehen als stumme Mahnmale am Straßenrand...
Auch die Blätter dieser jungen Kastanie sind bereits im September braun und vertrocknet.
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Fazit: warum diskutieren wir eigentlich über eine "BAUMSCHUTZ-Verordnung"? Müssten wir nicht vielmehr eine sofortige und wirksame Not-Agenda für städtische Bäume auf den Weg bringen.
Unsere städtischen Bäume sind todkrank und bedroht wie nie! Wir brauchen sofortige Schutz- und Rettungsmaßnahmen, wie:
- umgehende Aufstockung des städtischen Personals für Baum- und Grünflächenbetreuung
- sofortige Fällverbote für ökologisch-biologisch wichtige Laubbäume, auch auf Privatgrundstücken, wenn nicht akute Sicherheitsgefährdung dem entgegensteht.
- Verpflichtung für adäquate Ersatzpflanzungen mit Nachbetreuung und mehrjähriger Nachsorge für alle Baumfällungen im Rahmen von Bauvorhaben
- Sofortiges Verbot der Abgabe von Streusalz an Privathaushalte und Hausmeisterdienste! Auftausalz nur in einer Menge, die für etwaige Blitzeis-Situationen ausreicht (1 KG pro Haushalt und Winter ist ausreichend!)
- Förderung umweltfreundlicher Streumittel und Unterweisung der Bevölkerung in sachgerechter Ausübung der Räumpflichten (wie handhabe ich einen Besen / einen Schneeschieber etc...)
- Aufklärung über die Ökologie der städtischen Natur! Das Thema muss ganz oben auf die Agenda!
Wir müssen endlich handeln, für unsere Bäume ist es bereits fünf nach zwölf!!!
(Zeichnung: Brigitte Dubbick)